AAL, Telemonitoring und digitale Sprechstunde – wie die Digitalisierung in der Branche Fahrt aufnimmt
Verschiedenste digitale Lösungen erlauben die Versorgung von Patienten in der aktuellen COVID-19-Pandemie trotz Kontaktverboten, Infektionsrisiken und mangelnder Schutzausrüstung.

Kontaktverbote, Infektionsrisiken und mangelnde Schutzausrüstung sind in der aktuellen COVID-19-Pandemie bei der Versorgung von Patienten ein großes Hindernis. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Berufsverbände lockern vorübergehend die Auflagen zur digitalen Sprechstunde und Versorgung der Leistungserbringer für die Zeit der Kontaktsperren.
Welche Möglichkeiten gibt es?
Der Einsatz technischer Assistenzsysteme AAL (Ambient Assisted Living) im häuslichen Umfeld beziehungsweise in der Pflege bietet ein erhebliches Potential zur Entlastung von Pflegepersonal und Angehörigen sowie zum Erhalt einer größtmöglichen Selbstständigkeit von Unterstützungsbedürftigen. Die App „Pflegecockpit“ der Firma Thomashilfen ermöglicht es beispielsweise, Infos über bettlägerige Patienten abzurufen. Eine Dekubitus-Ratgeber-App für pflegende Angehörige kann bei der Dekubitus Prophylaxe unterstützen, während sich mithilfe der PApp der RWTH Aachen die eigene Medikation überprüfen und steuern lässt.
Kliniken, SPZs (Sozialpädiatrische Zentren) und andere medizinische Einrichtungen rüsten gerade auf: Per Telefon- oder Videokonferenz sind allgemeine Beratung, Anamnesen, wöchentliche Verlaufsgespräche und interdisziplinäre Sprechstunden möglich. Mobile Messgeräte und die digitale Patientenakte sichern den Austausch von Behandlungsdokumenten, Rezepten, Röntgenbildern und Ähnlichem.
Übungsprogramme per App unter fachlicher Begleitung ermöglichen in den Bereichen Ergotherapie, Logopädie und Reha-Sport ein kontinuierliches Training: So bietet zum Beispiel Thieme Tele Care ein Sensor- und App-gesteuertes Rückentraining für Menschen mit Rückenbeschwerden an. Die Firma Bauerfeind nutzt eine Therapie-App für individuelle Übungen beim Einsatz von Kniebandagen. Viele weitere Apps im Bereich Gesundheit und Therapie sind auch in der Datenbank von Rehadat zu finden. Telefonischer Kontakt zu Patienten unterstützt eine begonnene Therapie zusätzlich.
Sanitätshäuser nutzen digitale Plattformen zur Dokumentation des Versorgungsverlaufs (z.B. BEB oder ICF-CY Web App). Folgeversorgungen zum Verbrauch bestimmter Hilfsmittel sind aktuell auch nach telefonischer Verordnung ohne Unterschrift möglich. Telefonischer Kontakt zu den Kunden oder Videokonferenzen helfen, Versorgungen zu überprüfen oder online Einweisungen zu ermöglichen. Auch Apps bieten Anleitung und Nutzungsinformationen zu diversen Hilfsmitteln: Sie helfen zum Beispiel Diabetikern, die Daten ihres Blutzuckermessgerätes zu verwalten oder ermöglichen – wie die Cockpit App von Ottobock – die selbständige Protheseneinstellung. Youtube-Videos oder Livechats zur Nutzung von Alltagshilfen wie beispielsweise von der Firma Saljol sind ebenfalls nützliche digitale Unterstützer.
Auch im Handwerk optimieren digitale Technologien die Arbeitsprozesse. In der Fertigung von Hilfsmitteln hat mit dem 3D-Druck die Digitalisierung Einzug gehalten. Digitale Bewegungsanalysen und Scans dienen als Grundlage für Versorgungen.
Noch sind die Probleme beim Datenschutz und die Möglichkeiten der Abrechnung von digital erbrachten Leistungen nicht zufriedenstellend geklärt.
Viele Leistungserbringer machen sich dennoch auf den Weg und investieren in die Zukunft. Benutzerfreundliche Kommunikationssysteme, sichere Übertragungswege der Patientendaten und Schnittstellensicherheit bei den Beteiligten sind notwendige Parameter für die Akzeptanz und erfolgreiche Umsetzung.