15.09.2020

Inklusive Bildung zwischen Licht und Schatten – die aktuelle Bertelsmann-Studie zieht Bilanz nach zehn Jahren Inklusion

Mit dem Beitritt zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung hat sich Deutschland 2009 verpflichtet, kein Kind vom Besuch allgemeinbildender Schulen auszuschließen.

Inklusion

In der Öffentlichkeit wurde die Umsetzung euphorisch und kritisch zugleich diskutiert. Zeit, Bilanz zu ziehen und einen Ausblick zu wagen:

Die Wahrnehmung der Gesellschaft „Inklusion sei gescheitert“ kann die im Juni 2020 erschienene Bertelsmann-Studie nicht belegen. Allerdings kommt der Ausbau der Inklusion nur schleppend voran.

Förderschulen bleiben: Die Zahl der in Förderschulen unterrichteten Schüler ist bundesweit konstant und in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich hoch. Die Zahl der Inklusionsschüler erhöht sich, da mehr Förderbedarf festgestellt wird. Leistungsstarke Kinder werden eher inklusiv beschult, das ist abhängig vom Förderbedarf.

Die Bewertung ist von der eigenen Erfahrung abhängig

Inklusiver Unterricht an allgemeinbildenden Schulen

Die Bevölkerung befürwortet mehrheitlich die Inklusion: Mehr Toleranz, mehr soziale Bereitschaft und ein besseres Miteinander würden dadurch gefördert.

Auch die Bilanz der Eltern ist generell gut. Eltern mit Inklusionserfahrung urteilen positiver als Eltern ohne konkrete Erfahrung. Die grundsätzlich positive Einschätzung ist aber abhängig von der Art des Förderbedarfs. Mehr Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen den Lehrkräften, eine bessere Kooperation zwischen Eltern und Lehrern und ein positiveres Lehrer-Schüler-Verhältnis wird von Eltern mit Inklusionserfahrung attestiert.

Lernerfolge im inklusiven Unterricht sind nachgewiesen: So erreichen mehr Schüler in Regelschulen den Hauptschulabschluss als in Förderschulen. Die Orientierung der Inklusionsschüler mit Förderbedarf an ihren normal befähigten Mitschülern wirkt leistungsfördernd. Jedoch sinkt die Motivation mancher Schüler mit Förderbedarf angesichts der Leistungen ihrer nicht eingeschränkten Mitschüler.

Die Lehrerschaft urteilt deutlich kritischer: Alle Pädagog*innen wünschen sich eine Doppelbesetzung im inklusiven Unterricht und beklagen mehrheitlich unzureichendes Knowhow und fehlende Ausstattung an den Schulen. Lehrkräfte, die inklusive Klassen betreuen, urteilen deutlich positiver als Lehrkräfte ohne Erfahrung.

Laut Studie kann Inklusion nicht als gescheitert betrachtet werden – Öffentlichkeit und Lehrer zeichnen ein überwiegend negatives Bild, während Eltern und Schüler mit Inklusionserfahrung ein mehrheitlich bis sehr positives Feedback geben.

Gemeinsames Malen zwischen Inklusionsschülern und normal befähigten Mitschülern

Deutschland ist noch weit davon entfernt, die Zielsetzung zu erreichen: Der bestehende Fachkräftemangel, besonders an sonderpädagogischen Lehrkräften, Psychologen und Lehrkräften in allen nicht-gymnasialen Bereichen, wird sich weiter verschärfen. Einige Bundesländer schreiten in der Inklusion voran, während andere den Schritt zurück wählen. Die aktuellen Länderprognosen lassen deshalb bis 2030 Stillstand in der Umsetzung des gemeinsamen Lernens erwarten.

Hier finden Sie die Bertelsmann-Studie:

Bertelsmann-Studie zur inklusiven Bildung in Deutschland

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